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Aluminium im Bau von Leichtfahrzeugen Dieser Artikel erschien zuerst in den Velomobil Proceedings Nr. 3 und ist hier als pdf erhältlich. Zusammenfassung Aluminium ist gerade für Leichtfahrzeuge ein hervorragendes Material. Aufgrund vielfältiger Bearbeitungsmöglichkeiten hat es sowohl für den Prototypenbau als auch für die Serienproduktion seine Vorzüge. Zwar ist der Rohstoff Aluminium teurer als Stahl, was aber durch Kostenvorteile in der Verarbeitung, insbesondere beim Strangpressen, Tiefziehen, Schmieden, Gießen und Eloxieren wieder wettgemacht werden kann. Außerdem besitzt Aluminium eine gute Korrosionsbeständigkeit und Recyclingfähigkeit. Am Beispiel des Komfortrades Senkels easy! werden die Vorteile des speziellen stranggepressten Rahmenprofils erläutert. 1 Konstruieren mit Aluminium Wichtig für den Leichtbau ist eine aluminiumgerechte Konstruktion, die den Eigenschaften dieses Werkstoffs Rechnung trägt. Das entscheidende Kriterium ist meist nicht die Festigkeit, sondern die Steifigkeit, also die Nachgiebigkeit unter Belastung. Sie kann dadurch vergrößert werden, indem (bei gleichem Gewicht) der Profilquerschnitt erhöht und die Wandstärke verringert wird. Zu geringe Wandstärken sollten aber vermieden werden, da sonst die Verbindung der Bauteile schwierig wird und Beulen beim Gebrauch entstehen können. Aluminium besitzt bei dynamischer Beanspruchung, wie sie bei allen Fahrzeugen gegeben ist, nur eine begrenzte Lebensdauer. Für die Festigkeitsberechnung sind daher auf jeden Fall die Werte für die Wechselfestigkeit und nicht die Zugfestigkeit anzusetzen. Für Fahrräder und Muskelkraft-Leichtfahrzeuge gibt es zwar keine Verpflichtung zu einer Sicherheitsprüfung. Um aber einer Folgende Legierungen werden im Fahrzeugbau hauptsächlich eingesetzt:
Quelle: Zusammengestellt nach [2] 2 Formen 2.1 Gießen Durch Gießen lassen sich gerade in der Serienproduktion Teile mit aufwendiger Kontur herstellen, die sich durch Fräsen nur zeit- und materialintensiv fertigen lassen, wie z.B. Muffen, Anschlüsse für Federschwinge, etc. Es wird nach Art der Form unterschieden zwischen Sandguss, Kokillenguss, Druckguss und Feinguss. Welches Verfahren gewählt wird, hängt von der geforderten Qualität, aber auch von Aufwand, Preis und Stückzahl der Gussteile ab.
Gusslegierungen haben Silizium meist als Hauptlegierungselement mit einem Anteil von 2% bis 20%. Sie besitzen ein gutes Fließvermögen und geringe Warmrissneigung. Durch Veredelung mit Natrium oder Strontium wird ein feineres Gefüge erzeugt, wodurch Zähigkeit und Zugfestigkeit verbessert werden, Dehngrenze und Härte aber fast gleich bleiben. Bei sicherheitsrelevanten Bauteilen spielt die richtige Auswahl der Legierung und der Nachbehandlung eine wichtige Rolle. Gerade bei dynamisch beanspruchten Teilen sollten Verunreinigungen von Eisen so gering wie möglich sein (unter 0,2%), da Eisen die Bruchdehnung vermindert. Poren stellen eine andere Ursache für verminderte Festigkeit dar. Um sie zu reduzieren, wird nach dem Gießen das Heiß-Isostatische-Pressen (HIP) angewendet. Dabei wird bei hoher Temperatur das Gussstück erweicht und die Hohlstellen durch äußeren Druck zusammengepresst. Eine mechanische Nachbearbeitung der Gussteile ist in den meisten Fällen notwendig. Das beginnt beim Entgraten und Putzen, geht über Bohren, Planfräsen und Gewindebohren, bis hin zur Oberflächenbehandlung wie Polieren oder Eloxieren. [3] 2.2 Strangpressen Durch Strangpressen lassen sich beliebig kompliziert geformte Rohre und Profile herstellen, mit einem konstanten Querschnitt über die gesamte Länge. Standardprofile, wie Rund- und Rechteckrohre, Winkel, U- und Z-Profile sind im Lagerprogramm diverser Hersteller leicht erhältlich, meist in der Legierung AlMgSi0,5. Andere Profile sind oft Sonderanfertigungen und nur für den Auftraggeber reserviert. Die Werkzeugkosten sind mit einigen Tausend Euro noch relativ gering und selbst bei Kleinserienfertigung bald amortisiert. Durch geschickte Konstruktion lassen sich durch Nuten, Verstrebungen, Vorsprünge, etc. verschiedene Funktionen in einem Bauteil integrieren und tragen so zur rationellen Fertigung bei. Die Vorteile des Strangpressens werden bei Fahrrädern bisher hauptsächlich bei Felgenprofilen genutzt. Viele weitere Anwendungen bei Leichtfahrzeugen sind denkbar, wie z.B. andere Rahmenprofile, Trittbretter, Einfassungen von Fenstern und Verkleidungen, etc. 2.3 Biegen Grundsätzlich können Bleche und Profile in allen Legierungen gebogen werden. Der kleinstmögliche Biegeradius hängt von der Legierung, dem Zustand, Wandstärke und Querschnitt ab. Das Biegen von Rohren und Profilen erfolgt auf 3-Rollen- Profilbiegemaschinen. Beim Biegen ändert sich der Profilquerschnitt. Am Außenradius wird das Material gestreckt und die Wandung dünner, während am Innenradius die Wandstärke zunimmt und das zur Faltenbildung neigt. Auch die Breite kann sich verändern, allerdings verhält sich jedes Profil anders. Es gibt zahlreiche Kniffe und Hilfsmittel, um das Profil am Einknicken zu hindern, wie z.B. das Füllen mit Sand, Eis, Gliederketten, Kugeln oder die Anwendung von Hilfsrollen. Durch Biegen im weichen Zustand oder nach Erwärmung auf ca. 150-200°C lassen sich die zulässigen Biegeradien gegenüber dem Kaltbiegen halbieren. 2.4 Schmieden Das Schmieden im Gesenk wird bei Fahrradkomponenten in großen Stückzahlen angewendet, z.B. bei Tretkurbeln, Bremsen, Pedalen, Vorbauten. Die Werkzeugkosten sind dabei recht hoch (einige Zehntausend DM). Das Aluminiumhalbzeug wird unter großem Druck in zwei Formhälften (Gesenk) umgeformt. Bei hohem Umformungsgrad sind zwei oder mehr Arbeitsgänge in verschiedenen Gesenken notwendig. Im Vergleich zu Gießen oder Fräsen werden die höchsten Festigkeiten erzielt, da das Gefüge beim Schmieden verfestigt wird und einen ungestörten Faserverlauf erhält. 2.5 Tiefziehen Als Tiefziehen bezeichnet man die sphärische Umformung von Blechen. Es werden meist zwei Formhälften verwendet, zwischen denen das Blech unter Druck in Form gebracht wird. Auch beim Tiefziehen fallen hohe Werkzeugkosten an, die nur für größere Stückzahlen amortisiert werden können. Sehr schön lassen sich damit räumlich gekrümmte Formen erzeugen, z.B. bei Monocoque-Rahmen und Karosserien. Die einzelnen Teile müssen dann durch Nieten, Falzen oder Schweißen miteinander verbunden werden. 3 Zerspanen Die leichte Zerspanbarkeit von Aluminium lernt man besonders bei handwerklicher Bearbeitung zu schätzen. Schnell sind mit einer groben Hobelfeile die Konturen eines Bauteils herausgearbeitet. Schleifen erfolgt dann, auch maschinell, immer nur mit Sandpapier. Schleifscheiben für Stahl sind nicht geeignet, da die Poren der Schleifscheibe mit Aluminium zusetzen. Aluminium kann grundsätzlich beim Bohren, Drehen und Fräsen mit den üblichen Werkzeugen aus HSS oder Hartmetall zerspant werden; Schneidkeramik und Titan-haltige Beschichtungen sind ungeeignet. Es sind höhere Schnittgeschwindigkeiten als bei Stahl möglich (bis zu 1000 m/min beim Drehen, 250 m/min beim Bohren). Auch ist eine Kühlschmierung nicht unbedingt erforderlich, aber vorteilhaft für die Oberflächengüte und die Standzeit (Haltbarkeit) der Werkzeuge. Es gibt auch spezielle Bohrer und Fräser mit etwas anderen Schnittwinkeln, die besonders gut für Aluminium geeignet sind. Legierungen mit hohem Si-Anteil (vor allem Gußlegierungen) bringen einen höheren Werkzeugverschleiß mit sich. Den geringsten Verschleiß verursachen sog. Automatenlegierungen, die als spanbrechende Zusätze Das CNC-Fräsen ist bei der Herstellung von Tretkurbeln, Bremsen, Vorbauten, etc. immer mehr in Mode gekommen und oft wird auch mit dem Begriff geworben, als handle es sich um ein Qualitätsmerkmal per se. Da zum Teil scharfe Kanten entstehen und der Faserverlauf gestört wird, sind CNC-Teile nicht unbedingt hochwertiger als geschmiedete Teile. Die Qualität hängt eher von der Konstruktion und vom Material ab. CNC-Fräsen stellt ein preisgünstiges Verfahren dar, um bei kleinen bis mittleren Stückzahlen zu komplex geformten Teilen zu kommen. Ohne großen Aufwand lassen sich CAD-Zeichnungen direkt in die Fertigung übernehmen. 4 Fügen 4.1 Schrauben Für Schraubverbindungen eignen sich besonders gut rostfreie Schrauben aus Edelstahl A2. Die seewasserbeständige Legierung A4 ist etwas teurer und i.a. für Fahrzeuge nicht erforderlich. Sie ergeben zusammen mit dem Aluminium korrosionsbeständige Verbindungen, die keines weiteren Oberflächenschutzes bedürfen. Werden Gewinde direkt in Aluminium geschnitten, so sollte die Gewindelänge etwa das doppelte des Durchmessers betragen. Da das Aluminiumbauteil ein stärkeres Kriechverhalten hat als die Stahlschraube, kann die Spannung einer Schraubverbindung mit der Zeit nachlassen. Dem läßt sich durch größere Unterlegscheiben (Karosseriescheiben) vorbeugen, wodurch sich die Spannungen zwischen Bauteil und Schraube besser verteilen. Außerdem können selbstsichernde Muttern, Federringe oder Schraubenkleber das unbeabsichtigte Lösen einer Schraubverbindung verhindern. Ein Problem bei oft gelösten und wieder angezogenen Schraubverbindungen kann der Abrieb von Aluminium sein. Wenn kleine Späne in das (Edelstahl-)Gewinde gelangen, kann die Mutter so festfressen, dass sie nur noch abgesprengt werden kann. Deshalb solche Gewinde öfter reinigen und gut fetten. Als Werkstoff für sehr leichte und feste Schrauben kommen AlZnMgCu-Legierungen in Frage, die aber korrosionsempfindlich sind. Sie sollten auf jeden Fall eloxiert sein und am besten vor dem Verschrauben in Wachs-Paraffin-Schmelze getaucht werden. 4.2 Kleben und Nieten Eine Verbindung von Blechen und Profilen durch Kleben und Nieten ist insbesondere für die handwerkliche Bearbeitung gut geeignet, da auch ohne (teures) Schweißgerät gute Ergebnisse erzielt werden. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem Schweißen ist, dass die volle Materialfestigkeit erhalten bleibt und sich auch hochfeste AlZnMgCu-Legierungen verbinden lassen, die nicht schweißbar sind. Daher werden diese Verbindungen nach wie vor auch im großen Maßstab, z.B. im Flugzeugbau, eingesetzt. Klebeverbindungen von Aluminium können am einfachsten mit Weitere Tipps zum Kleben und Nieten. 4.3 Schweißen Beim Schweißen von Aluminium wird zumeist das WIG-Verfahren (Wolfram Inert Gas) mit Wechselstrom angewandt. Es ist sowohl für die handwerkliche als auch maschinelle Fertigung geeignet. Als Schutzgase kommen Argon, Helium oder Gemische in Frage. Der Schweißzusatz richtet sich nach den Legierungsbestandteilen der Grundmaterialien. Besonderes Augenmerk verdient die Vorbereitung der Bauteile: Sie werden zunächst entgratet und grob gereinigt (Rohre auch innen), dann entfettet und die Oxidschicht mit einer Edelstahldrahtbürste entfernt. Anwärmen auf ca. 150°C erleichtert den Schweißvorgang. Die Festigkeit einer Schweißnaht ist geringer als die des Grundmaterials. Bei einigen Legierungen, wie z.B. AlZn4,5Mgl (7020), härtet die Schweißnaht von allein fast bis auf die Grundfestigkeit wieder aus. Generell ist aber eine Wärmebehandlung nach dem Schweißen zu empfehlen, um dem Material innere Spannungen zu nehmen. 5 Nachbehandlung 5.1 Wärmebehandlung Durch Wärmebehandlung nach genau definiertem Temperatur-Zeit-Ablauf werden bei den aushärtbaren Legierungen (Typ 6xxx und 7xxx) die höchstmöglichen Festigkeiten erzielt. Dabei werden mehrere Stadien durchlaufen. Das Lösungsglühen nimmt dem Material die inneren Spannungen, die insbesondere nach dem Schweißen vorhanden sind. Durch schnelles Abkühlen wird dieser Zustand quasi eingefroren. Die Temperatur von ca. 500°C (je nach Legierung) muß beim Lösungsglühen bis auf wenige Grad genau eingehalten werden, und zwar am Bauteil gemessen. Es erfordert einen elektrischen Ofen mit sehr genauer Temperaturregelung und schließt ein handwerkliches Härten von Aluminium, wie es beim Stahl möglich ist, weitgehend aus. Auslagern bezeichnet einfach nur das längere Liegenlassen der Werkstücke ohne Belastung bei Raumtemperatur, bzw. beim Warmauslagern mit ca. 160°C. Dabei stellt sich dann die endgültige Festigkeit ein.
5.2 Eloxieren Eloxieren nennt man den gezielten Aufbau einer schützenden Aluminiumoxidschicht in einem elektrolytischen Verfahren. Es werden Schichtdicken bis zu 40um erzielt, die auch eingefärbt werden können. Üblich sind Silber-, Gold-, Bronzetöne und schwarz, aber auch Farben wie rot, violett, blau und grün sind möglich. Eloxalschichten sind gleichmäßig, relativ kratzfest und UV- und witterungsbeständig. Sie stellen die dauerhafteste Oberflächenbehandlung von Aluminium dar. 5.3 Pulverbeschichten Um zu Oberflächen beliebiger Farbe zu kommen, findet das Pulverbeschichten immer stärkere Verbreitung. Es ist umweltfreundlicher als Lackieren, da keine Lösungsmittel verwendet werden. Eine abschließende Schicht mit Klarpulver ergibt entweder eine matte oder glänzende Oberfläche. Auch Metallicfarben oder andere Sonderbeschichtungen, wie z.B. Hammerschlageffekt, Sprenkel oder Schlieren sind inzwischen möglich. 6 Beispiel: Senkels Easy! Bei dem Komfortrad Senkels Easy! wurden einige der beschriebenen Fertigungsverfahren in beispielhafter Weise angewendet. (Text an dieser Stelle gekürzt.) Zeichnungen und weitere Informationen zum Easy!-Rahmenprofil. Literatur [1] Aluminium-Zentrale e.V. (Hrsg.): Aluminium-Taschenbuch, 15. Aufl. 1997, 3 Bd. [2] Alusuisse: Eigenschaften von Aluminium-Halbfabrikaten, Zürich 1989 [3] Klos, Ralf: Aluminium Gußlegierungen: Vielseitiger Konstruktionswerkstoff der Kreislaufwirtschaft; Aluminium Rheinfelden, Verlag Moderne Industrie, 1995 [4] Schäfke Werner (Hrsg.): Aluminium: Das Metall der Moderne; Gestalt, Gebrauch, Geschichte; Komisches Stadtmuseum, 1991 [5] Rieß, Falk; Pivit, Rainer, et al.: Bauanleitung Flunder, Universität Oldenburg, |
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